Mittwoch, 4. Mai 2016

Mein Brief an die SZ

Nun habe auch ich endlich die Zeit gefunden der SZ einen Brief zu schreiben, den ich Euch nicht vorenthalten möchte.


Sehr geehrter Herr Hurtz,

ich möchte, wegen Zeitmangel und auch um einmal Abstand zu erhalten, verspätet auf Ihren Artikel zu Maskulismus reagieren.

Ich selbst bin in einer franz. Elternorganisation, die einmal ein Vernetzungstreffen mit einer deutschen Organisation hatten. Nach dem Treffen sagte man uns, wir wussten nicht dass es in Frankreich auch vernünftige Organisationen gibt. Die Veranstalter waren an diverse „ein Mann“ Internetorganisationen geraten, die das Bild in Frankreich für sie abbildeten. Wir, eine der größten im Land, die zusammen mit anderen Organisationen das Wechselmodell ins Gesetz geschrieben hat, sind ihnen nicht aufgefallen, weil wir nun einmal ganz anders arbeiten. Wir sind nicht auf Twitter, wir haben auch keine Zeit dazu uns dort mit irgendwelchen Feministen zu zoffen, haben eine rudimentäre Website und halten uns auch sonst sehr zurück, werden aber von denen die uns finden sollen auch gefunden. Selbst Sozialarbeiter und andere öffentliche Stellen senden Interessierte zu uns, etwas das anscheinend in Deutschland eher selten passiert. Wir sind die mitgliederstärkste Organisation, fast gleichauf mit einer anderen „Konkurenzorganisation“ und existieren seit 40 Jahren.

Somit kann schon der Eindruck entstehen das es viele „Râleur“ (wie wir die Schreihälse nennen) gibt, die sich an Feministinnen im Netz abarbeiten, doch dies sind meist Einzelkämpfer, die für ihr Unrecht Feministinnen im Allgemeinen verantwortlich machen. Doch auch nach Ihrer Darstellung in der SZ hat man von Deutschland dieses Bild. Sie schreiben selber dass die Männerrechtsbewegung aus den Väterrechtsorganisationen hervorgegangen ist, den VAfK mit seinen Forderungen nehmen sie aber nicht ins Boot. Das ist eine der wichtigsten und größten Gruppen. Ebenso wie die vielen andere Organisationen auch nicht, sie beschränken sich allein auf Vertreter des Netzes. Das jedoch viele Forderungen die wir hier im Netz heute runterbrabbeln, schon seit Jahren in den Organisationen vorgedacht wurden, wird nicht dargestellt. Ihre Beschreibung des Maskulismus ist eine reine Beschreibung des „Netzmaskulismus“.

Natürlich ist Herr Hoffmann ebenfalls ein wichtiger Vertreter, vor allem weil er zum einen mit seinen Büchern eine Materialsammlung geschaffen hat, die nochmals ergiebiger ist wie das was in den Organisationen an Speziellem vorgedacht wurde (z. B. zu Vaterthemen). Zum anderen aber auch, weil er das Thema von der Väterarbeit losgelöst hat. Womit wir dann auch beim Problem sind. Denn diese Vätervereine haben natürlich Schnittstellen mit den Stahls dieser Welt, viele Stahls laufen da auf, oft nur ein oder zwei Mal, einige probieren es eine Zeit, wenn sie merken das wir auch nicht zaubern und ihnen den Kontakt zu ihren Kinder zurückgeben können, dann sind sie weg und einige tauchen als Herr Stahl im Internet auf und werden dankbar von denen aufgenommen die Männerarbeit diskreditieren wollen. Was ich Ihnen jetzt mit Ihrem Artikel nicht unterstellen möchte! Wie oben beschrieben, manchmal haben sogar Organisationen in einem Land diese Sichtweise von anderen Ländern. Doch meist sind diese Schreihälse EinMannInternetOrganisationen, manchmal sehr kleine Gruppen die sich zufällig im Netz kennen lernen. Programmatische Arbeit findet dort nicht statt, meisten beschränken sie sich darauf das Internet vollzuspammen oder sich am Feminismus abzuarbeiten oder eine Website oder Forum von „Entrechteten“ zu betreiben.

Wie diese Männer wie Herr Stahl zu solchen Schreihälsen mutiert sind, das ignorieren Sie ebenfalls. Meist waren es vorher nette Familienväter die sich um die Familie sorgten. Ich kann ihnen einmal den Film „der entsorgte Vater“ empfehlen. Hier ist der Regisseur Wolfsperger in der ersten Szene zu sehen, er ist auf dem Weg zu seiner Tochter um sich von ihr zu verabschieden, solange bis sie 18 Jahre alt ist, evtl. ist es auch ein Abschied für immer, denn die Tochter ist von ihrer Mutter instrumentalisiert. Ich weiß nicht ob Sie Kinder haben, aber wenn ja, dann bleiben Sie das nächste Mal nach dem zu Bett gehen noch 2 Minuten am Bett stehen und sagen Sie Sich einfach ein paar Mal, das ist jetzt das letzte mal dass ich meine Kinder sehe, nicht weil sie sterben, sondern weil es ein Richter so möchte. Sie werden sich, wenn Sie Sich auf dieses Spiel ganz einlassen, die Frage stellen, habe ich meinen Kindern alles gesagt was ich sagen wollte, habe ich noch etwas vergessen für ihren Weg in den nächsten 10 oder 12 Jahren. Soll ich weinen, darf ich weinen um zu zeigen dass ich sie vermisse oder ist es besser stark zu sein um zu zeigen dass diese Situation auch mich schmerzt.

Doch irgendwann werden Sie Sich fragen wie eine Gesellschaft das zulässt? Wie kann ein  Familiengericht eine solch unmenschliche Entscheidung fällen. Wie kann es sein das ein solcher Film nicht eine bundesweite Diskussion zu Vaterschaft in Deutschland auslöst, wie kann es sein das man hernach noch eine Diskussion zum Sorgerecht gibt, wie kann es sein dass man eine solche Situation nicht als kinderfeindlich sieht, denn auch für die Mutter ist es belastend. Sie werden, wenn sie diesen Schmerz runtergeschluckt haben, denn Hilfe erhalten Sie nirgendwo, Schuldige suchen um den Schmerz auszuhalten. Die Stahls finden den Feminismus. Doch Sie werden nach 10 Minuten wieder ins Wohnzimmer gehen und sich einen Film ansehen und hoffen das die Kinder bis morgen früh gut schlafen.

Die SZ sagte seinerzeit zu diesem Film er sei um eine große Leerstelle herum aufgebaut, denn die Frage „warum die Mütter dieser Kinder ihre ehemaligen Lebenspartner offenbar so sehr hassen, dass sie den Streit vor Gericht, vor allem die seelische Verstümmelung ihrer Kinder in Kauf nehmen, nur um jede Beziehung zum Vater zu verhindern“ wurde erst nicht gestellt. Männer dürfen, so zumindest laut Süddeutscher, heute keine Fragen mehr aufwerfen ohne die Sichtweise der Mütter zu sehen. Und auch da sind wir uns bei der SZ sicher, Mütter müssen schon gute Gründe haben um dieses Spiel zu spielen, denn eine Mutter kann nicht schlecht sein oder die Kinder aus Rachsucht instrumentalisieren.

Was mich jedoch noch mehr erschüttert hat ist dann die Seite auf der die SZ fragt: Gibt es Gesellschaftsbereiche, in denen die aufklärerische Arbeit einer Männerrechtsbewegung sinnvoll wäre?Nun frage ich mich, nachdem man uns Männerrechtler oder Väterrechtler jahrelang ignoriert hat, nachdem jede Partei uns die Tür vor der Nase zugeschlagen hat, was eine solche Frage überhaupt soll? Ein Beispiel, seit Jahren diskutieren Vertreter des VAfK über das gemeinsame Sorgerecht bei Vaterschaftsanerkennung. Nun schafft es ein Vater (Zaunegger/Deutschland) bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzudringen, dort zu Gewinnen und das Ganze als Menschenrechtsverletzung hinzustellen. Die Tinte unter diesem Urteil war noch nicht getrocknet, da haben die parteiinternen AGs für Frauen der Grünen, SPD und CDU schon gegen jegliche Gesetzesänderung Stellung bezogen. Organisationen für Männer- und Väterinteressen gibt es dort leider nicht. Männer sind anscheinend schon so gut vernetzt und gut eingebettet dass es diese nicht braucht.

Der VAfK oder andere Organisationen wurden nicht einmal von Politikern angehört, hatten die Politikerinnen doch mit massivem parteiinternen Wiederstand zu rechnen. Den Rest haben dann die offiziellen und mit Steuermitteln geförderten Lobbygruppen wie Frauenrat und der Verband der Alleinerziehenden erledigt. Den VAfK, der meines Wissens nach ohne jede staatl. Unterstützung auskommen muss, hat man kaum beachtet. Auch zu Frankreich, wo es dieses Sorgerecht nach Vaterschaftsanerkennung innerhalb eines Jahres nach Geburt gibt, wurde nicht einmal geschaut. Und dann fragt die SZ ganz unschuldig ob wir evtl. neben den Feministinnen noch einen Gegenpol brauchen, der sich für Männerrechte einsetzt. Mal ganz ehrlich, seit Jahren reden Politiker immer von der Harmonisierung Europas und das wir Steuern vereinheitlichen, doch wenn ein franz. Paar kurz vor der Geburt von Frankreich nach Deutschland zieht, dann hat der Vater, wenn nicht verheiratet, auf einmal kein Sorgerecht mehr? Das nennen wir vereintes Europa?

Ich habe zum einen Politik immer auch als Meinungswettbewerb verstanden, zum anderen habe ich aber auch Zeitungen immer als ein Medium verstanden das diese unterschiedlichen Meinungen aufspürt und an die Leser gibt, so das diese Meinungen dort in den Wettbewerb treten. Da erstaunt mich dann zum einen, dass Sie zwar berichten dass es uns seit 50 Jahren gibt (unseren Verein gibt es seit 42 Jahren), dass wir aus der Väterbewegung kommen, das es aber kein Vertreter dieser Gruppen auch nur annähernd geschafft hat in ihrem Artikel Erwähnung zu finden, geschweige denn deren Forderungen. Und dann verblüfft mich eine Frage wie in der SZ ob es zum Feminismus ein Gegengewicht benötigt schon etwas, und nun muss ich wirklich mal meinen Frust rauslassen, ich bitte das auch zu entschuldigen, aber was würden Sie von der Frage halten ob es neben der SPD (die sich ja auch für alle Bürger einsetzt) nicht noch eine andere Politikrichtung benötigt. Oder ob neben Sozialismus nicht auch noch was anderes legitim ist, womit wir dann bei der Mauer sind, nur das ich eine solche Frage (die nun nicht Ihre war, sondern die Ihrer Zeitung) auf der anderen Seite der damaligen Mauer vermutet hätte.

So ist es dann auch z. B. in der Expertise von Kemper und Co., die durchgehend diesen Väterrechtsdiskurs wissentlich ausblenden, die sich nicht mal annähernd mit den Forderungen dieser Väter auskennen und offensichtlich nicht einmal damit beschäftigen wollen. Die Themen die Männerrechtler heute allgemein besprechen sind nicht mal in Ansätzen bekannt. Trotzdem kommen diese „Forscher“ durchgehend in den Medien vor, im Gegensatz zu unseren Ansichten. Und noch etwas, kein „Väterverein“ würde es ablehnen Mütter zu beraten, denn auch diese kommen in die gleiche Situation wie Väter, zwar selten aber es passiert. Wir beraten aber auch Frauen während der Trennung wenn sie eine Mediation machen wollen etc. etc. etc. Bei uns geht es aber auch nicht um ein Gegeneinander, sondern um ein Miteinander der Eltern! Übrigens im Gegensatz zu Frauenorganisationen, die sich als Parteiisch sehen.

Und nun sind wir genau da, Männerthemen vertreten heute nur noch AfD und FPÖ. Warum wählen wohl überwiegend Männer diesen Haufen? So langsam öffnet sich die FPD in Deutschland, doch wenn wir Politik nicht als Extreme führen wollen, dann müssen einige umdenken, auch die SZ. Denn dann muss man auch andere Meinungen in den Wettbewerb stellen und diese nicht irgendwelchen ausländerfeindlichen Extremisten überlassen. Dann sollte man auch solche Fragen vermeiden, sondern einfach mal graben was man dort findet. Und auch in den Foren der SZ kamen früher sehr gute Argumente, aber auch absolut GaGaAussagen, sowohl von Feministinnen als auch von Vertretern irgendeines Maskudingsbums. Deshalb polarisiert Ihr Artikel sicherlich auch so, weil seit Jahren jeder Rülpser einer Feministin breit in der Öffentlichkeit diskutiert wird, aber ernsthafte Ansichten von Menschen die eine andere Sichtweise wie die der AG Frauen haben, schaffen es nicht mal als Gegenposition in die Zeitung, nicht mal dann wenn sich ein Vater wie Herr Zaunegger zu einem außerdeutschen Gericht durchklagen muss um es als Menschenrechtsverletzung hinzustellen.

Ich streite für einen Meinungspluralismus, evtl. sind ja viele Ansichten von diesen bösen Maskulisten falsch, doch wenn man einen Diskurs vermeidet, wenn man ihre Themen nicht einmal diskutiert, dann schafft man keine Meinungsbildung, dann produziert man die Herr Stahls, die sich mit Männerrechten überhaupt nicht beschäftigen, sondern sich einzig als Antifeministen sehen und sich am Feminismus abarbeiten, unter anderem weil sie den Feminismus als gutvernetzten Gegner wahrnehmen, die programmatisch arbeitenden Männer- und Väterrechtler aber als nicht hart genug betrachten, denn sonst hätten diese ja schon längst was erreicht und sich somit selbst als harter Hund verkaufen müssen. Und das Schlimme ist, ich kann es Ihnen nicht einmal verdenken. Damit produzieren Sie als Journalist diese Stahls zum Teil selber, diese Stahls die dann auch AfD wählen und sich als Kämpfer für das Gute und die Freiheit verstehen. Weil sie Ihre Meinung als Einzelkämpfer den Meinungen der programmatisch arbeitenden Männer mit Sachargumenten gegenüberstellen.

Ich hoffe das dies nicht der letzte Artikel zu Männerrechtlern in der SZ war, und ich hoffe dass die nächsten sich ein wenig mehr mit der Breite des Maskulismus auseinandersetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Kai Vogelpohl