Freitag, 28. April 2017

Bundeszentrale für politische Bildung

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beziehe mich auf den offenen Brief im Blog Man-Tau zu der Thematik Kimmel und seinem Buch „Angry White Men“, das Sie zur Verfügung stellen.
Sie definieren Ihre Aufgabe laut Ministererlass wie folgt:, „[d]as breit gefächerte Bildungsangebot der bpb soll Bürgerinnen und Bürger motivieren und befähigen, sich kritisch mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinander zu setzen und aktiv am politischen Leben teilzunehmen.“ Und hier sehe ich in der Politik seit Jahren das man sich eben nicht mehr kritisch mit etwas auseinander setzt, sondern das man, wenn man nicht die richtige Meinung hat, als irgendein Monster hingestellt wird.
Früher waren die Bildungs-, oder Rationalisierungsverlierer einmal Menschen um deren Stimme sich Parteien bemüht haben. Man hat versucht seit meiner Jugend, die nun ein paar Jahre her ist, diesen Menschen wieder eine Perspektive zu geben. Heute stellt man erschreckt fest, dass diese Menschen zu Protestwählern mutieren, die die AfD wählen oder gar bei PEGIDA mitmaschieren, oder in Kimmels Heimat den USA, sogar Trump wählen. Interessieren braucht es nicht was diese Menschen erlitten haben und warum sie Trump wählen, sind sie doch, so wird hämisch geschrieben, Globalisierungsverlierer oder "angry white men". Um diese Menschen wird ein Cordon Sanitaire gezogen, der solange hält, bis der Druck im Kessel platzt. Doch wenn man auf diese Menschen zugeht, dann sieht man dass sie unter dem angeblichen Hass im Grunde ganz zivile Positionen haben, wie man z. B. in diesem Zeitbeitrag über Petra Koepping lesen kann.
Ich selbst habe z. B. mit Trennungseltern gearbeitet. Viele „angry white Men“ waren dabei, aber auch angry black Men, angry juif People, angry Moselms und sogar angry Woman. Alle verbittert darüber das der Staat sich in einem Streit der Eltern einfach auf die Seite eines Elternteils stellt, und oftmals dabei hilft den anderen Elternteil zu entsorgen. Sehr oft, so unsere Beobachtung, weil man anscheinend Angst hat das Kind nach der Trennung nochmals zu destabilisieren und deshalb davor zurückscheut dem anderen Elternteil mehr Umgangsrecht zu geben, was übrigens oftmals die Probleme auch nicht lösen würde.
In Frankreich z. B. werden Väter durch das Gericht innerhalb von einem Monat aus der Wohnung verwiesen, ohne dass Gewalt oder etwas ähnliches im Spiel ist. Wie diese Väter eine neue Bleibe finden, am besten noch eine in der Nähe, eine die ausreicht um die Kinder am Wochenende zu beherbergen, das alles interessiert nicht. Zum einen fehlt bei all den "Kriesen" in der Politik die Zeit, zum anderen die Lobby für diese Trennungseltern und Gelder werden zur Bankenrettung und Wohnungen für Flüchtlinge gebraucht. Natürlich ist diese Sichtweise sehr einseitig, doch wenn diesen Menschen keiner zuhört, wenn sie mit ihren Sorgen nicht ernst genommen werden, dann entwickeln sie sich zu angry irgendwas.
Und hier muss ich dem Blog Man-Tau Recht geben, Michael Kimmel denkt hierbei genauso kurzsichtig wie die Trennungsväter die ihren Hass rausschreien, wobei letztere noch durch ihre persönliche Verbitterung zu entschuldigen sind. Kimmel hingegen ist unendschuldbar! Es sind nicht Menschen denen es immer viel zu gut ging, oder ihre manipulierten Spielregeln, wie Kimmel auf Seite 24 schreibt, mit denen weiß Männer immer angeblich auf der Siegerstraße gewesen sind.
Unsere Organisation existiert solange, dass bereits heute Großväter ihre Enkel beraten können und wir erhalten immer noch sehr spärlich Aufmerksamkeit. Ebenso ist es, das Trennungsväter die Gruppe sind, die die meisten Urteile am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erstritten hat, weil diese Probleme seit Jahren bestehen. Männerrechte, so zumindest meine Sichtweise, sind, im Vergleich zu Frauenrechten, erst sehr viel später so massiv formuliert worden und werden nur spärlich an die Öffentlichkeit gezerrt. Scheidungen/Trennungen mit Kind beispielsweise waren früher seltener, die Schicksale somit nicht so massiv sichtbar wie heute und Männer dazu angehalten diese Widrigkeiten im Leben „wie ein Mann“ zu ertragen.
Ich habe das Buch von Kimmel versucht zu lesen, doch nach einigen Seiten habe ich abgebrochen. Es geht nicht darum die Probleme dieser Männer zu verstehen die z. B. im amerikanischen "Rust Belt" leben, es geht nicht darum zu verstehen das ein Mensch ohne Arbeit auch kaum eine Perspektive hat. Es geht darum die Probleme von Menschen klein zu reden und diese Menschen, auch die die ihre Probleme zivil vortragen, zu diskreditieren. Wenn Kimmel schreibt: „Das Buch handelt von zornigen weißen Männern, die unter etwas leiden, was ich als ‚kränkende Enteignung’ bezeichnen möchte“, dann empfinde ich das im Schatten von Menschen (Männern wie Frauen) denen teilweise der Kontakt zu ihren Kindern entzogen wird, ohne dass es hierfür ausreichende Gründe vorliegen, als zynisch und das Vorgehen in seinem Buch als Affront gegen all die Menschen deren Probleme ignoriert werden. Ebenso wie die massiven Probleme, mit denen z. B. Menschen im Osten des Landes nach der Wende allein gelassen wurden.
Es gibt viele Bücher und Filme z. B. über Trennungsväter, oder auch solche Trennungen aus Sicht der Kinder, doch all die Thesen und Beispiele bezieht Kimmel nicht ein. In seinem ganzen Buch scheint es nur darum zu gehen seine Vorurteile vom ach so priviligierten weissen Mann, egal ob Obdachloser oder amerikanischer Präsident, immer wieder zu bestätigen und die Forderungen und Probleme von diesen Gruppen zu negieren. Der Mann ist arbeitslos, ihm wird politisch keine Perspektive geboten, trotzdem soll er sich nicht so anstellen, denn er (oder sein Grossvater) waren ja immer auf der Sigerstraße, egal ob im Schützengraben von Stalingrad, Vietnam oder als Beinamputierter an der Heimatfront...
Gerade weil dieses Buch so einseitig ist, ist es so wichtig andere Sichtweisen vorzustellen, denn sonst ist es unmöglich Menschen zu „motivieren und befähigen, sich kritisch mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinander zu setzen und aktiv am politischen Leben teilzunehmen.“ Deshalb möchte auch ich Sie bitten eines der beiden Bücher von Arne Hoffman, „Plädoyer für eine linke Männerpolitik“ oder "Not am Mann", die mit vielen Belegen und Studien ausgestattet sind, aufzunehmen. Denn auch ich sehe dass Herr Hoffmann, im Gegensatz zu Kimmel, einen integralen Ansatz in der Geschlechterpolitik hegt. Denn nur durch Meinungsvielfalt, und nicht durch einen Cordon Sanitaire, kann ein Austausch dieser Meinungen erfolgen.
Mit freundlichen Grüssen

Samstag, 1. April 2017

Schwesig im Spiegel und alles ist rosarot...

Ich dachte wirklich man kann das Interview in der FAZ mit Frau Schwesig nicht mehr unterbieten. Doch der Spiegel hat diese Latte noch einmal souverän unterboten. Nicht nur das Frau Schwesig mit einem Zirkelschluss nach dem anderen antwortet. Sie erzählt den Journalistennen irgendwas, das so vorhersagbar war, ohne dass diese sich vorher (oder nachher) über den Wahrheitsgehalt informieren.
Zu Zirkelschlüssen behauptet Schwesig einfach, „Das Gesetz bietet mit dem Auskunftsanspruch und den Berichtspflichten konkrete neue Instrumente. Sonst hätte es ja auch nicht diesen massiven Widerstand gegeben.“ Welche neuen Instrumente das nun sein sollen, egal. Es gab Widerstand, also ist es gut! Dass der Widerstand durch ein evtl. unnützes Gesetz herrührt, welches den Firmen auch noch Mehrarbeit macht, das kann nicht sein! Da passt auch „Die Gesetze, die ich auf den Weg gebracht habe, sind wirksam. Nur deshalb hat es diese harten Auseinandersetzungen ja gegeben. Debatten aufzugreifen, aber auch neue anzustoßen oder ihnen mehr Wucht zu verleihen ist auch Aufgabe von Politik.“
Doch noch extremer finde ich in wie weit sich ihre Journalistinnen dort haben einlullen lassen. Mal als Beispiel zur Lohnlücke: „Oder: Die Frau ist ja selbst schuld, wenn sie als Altenpflegerin statt als Automechanikerin arbeitet und deshalb weniger verdient.“


Diese Antwort kommt doch seit Jahren. Gibt es keine Journalistin in Deutschland die mal in der Lage ist hier zu recherchieren? Kurze Recherche im Internet:
Altenpflegerin hat drei Ausbildungsjahre mit 1010 - 1173 Euro Ausbildungsvergütung und einem Einstiegsgehalt von 2400 bis 2600 Euro (Brutto) ohne Zuschläge für Nacht und Wochenende.

Ausbildungsgehalt KFZ-Mechatroniker (den von Schwesig angesprochenen KfZ Mechaniker scheint es nicht mehr zu geben) mit 3,5 Ausbildungsjahren, mit 520 - 930 Euro und einem Einstiegsgehalt von 1500 bis 1900 Euro (Brutto).
Es tut mir leid, evtl. habe ich ja auch ein anderes mathematisches Verständnis wie die Bundesministerin, aber für mich sieht es eher so aus als ob hier KFZ-Mechatroniker weniger verdienen wie Altenpflegerinnen. Und nun frage ich mich was hier die Politik, vor allem die sozialdemokratische Politik, denn gerne verbessern möchte und auf welches Datenmaterial sie sich nun stützt? Nein ich frage mich das natürlich nicht! Ich frage mich ob Schwesig überhaupt weiß wovon sie spricht.
So sagt Frau Schwesig z. B. zu ihrer Idee zum Führerscheinentzug für unterhaltssäumige Väter:
„Ich sehe darin keinen Populismus und meine den Vorstoß vollkommen ernst. Es bringt mich auf die Zinne, wenn sich Eltern aus der Verantwortung stehlen. Bei Arbeitnehmern schaut der Staat bei der Steuerklärung darauf, ob man nun 78 oder 80 Kilometer Arbeitsweg hat, aber bei der Eintreibung von Unterhalt herrscht Nachlässigkeit.‘“
Das ist doch sehr interessant! So gibt es z. B. einen Jahresbericht des Landesamtes für Gesundheit und Soziales aus MecPom aus dem Jahre 2010. Hier gibt es auf Seite 10 links einen grauen Kasten mit folgendem Inhalt (Hervorhebung durch mich):
Vorschuss auf den Unterhalt
Im Jahr 2010 hatten über 17.000 Kinder in M-V Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Hierfür wurden über das LAGuS insgesamt ca. 30,5 Millionen Euro an Landes- und Bundesmitteln ausgegeben.
Die bei den Jugendämtern der Landkreise und kreisfreien Städte angesiedelten Unterhaltsvorschussstellen prüfen insbesondere, ob die Leistung im Einzelfall eine Vorschuss- oder Ausfallleistung darstellt, betreiben den Rückgriff bei den Unterhaltsschuldnern und stellen fest, ob diese nicht zahlen wollen oder ggf. nicht zahlen können.

Die Rückholquote beträgt für M-V ca. 13-14 Prozent der Ausgaben, so wie für Berlin, Brandenburg, Hamburg, Bremen und Thüringen; der Bundesdurchschnitt liegt bei 20 Prozent.
Das LAGuS ist mit den Fällen konfrontiert, in denen den Schuldnern nur noch mit den Maßnahmen der Stundung, Niederschlagung, Erlass und Vergleich im Insolvenzverfahren begegnet werden kann. Hier wird über die von den UVStellen beantragten Maßnahmen entschieden. Im Jahr 2010 waren dazu 459 Anträge zu bearbeiten. Hervorhebung durch mich
Gehen wir, weil Unterhaltsvorschuss bis zum 12. Lebensjahr gezahlt wird, einfach einmal davon aus das die obigen 459 Unterhaltsschuldner für durchschnittlich 7 Jahre keinen Unterhalt zahlen. Vor allem auch deshalb weil die Schulden aus Unterhaltsvorschuss, im Gegensatz zur Sozialhilfe die eine Familie erhält die den „Unterhalt“ für die Kinder nicht erwirtschaften kann, sich anhäufen zu einem Schuldenberg von dem der Vater nur schwer herunterkommen wird. Dann sind das bei einer Kinderrate von 1,3 (Bundesdurchschnitt) bereits 4.177 der oben erwähnten 17.000 Kinder denen ein Vorschuss gewährt wurde. Somit sind ein Viertel der Fälle schon einmal Totalausfälle weil der Unterhaltsschuldner einen Offenbarungseid geleistet hat oder sonst nicht in der Lage ist den Unterhalt zu erwirtschaften. Wo also die Ämter selber einen Antrag gestellt haben! Gehe ich davon aus das die Kinderquote gerade bei den Ausfällen höher liegt und nehme einfach mal 2,5 Kinder pro Schuldner (höhere Unterhaltsbelastung hat auch ein höheres Ausfallrisiko), so erhalte 8.032 Kinder. Nehme ich noch die Rückholquote von 14% aus der Anzahl der Kinder heraus, dann habe ich 14.600 Kinder die Leistungen erhalten haben, wo man das Geld nicht zurückerhalten hat.
Ein Drittel bis zur Hälfte der Unterhaltsschuldner sind somit Totalausfälle die niemals wieder Unterhalt zahlen werden. Der Rest der Schuldner sieht garantiert auch nicht besser aus, nur das diese Aufgrund von Unterhaltszahlungen noch in Beugehaft wandern etc. pp. Diese Unterhaltsschulden sind sogar sofort pfändbar, da braucht es nicht mal einen Pfändungsbeschluss eines Gerichtes, was mit betreiben den Rückgriff bei den Unterhaltsschuldnern im obigen Text gemeint ist. Und nun erzählt uns Frau Schwesig das man hier einfach noch mal nach dem „dicken 7er BMW“ den Führerschein wegnimmt, und dann wird man schon zahlen?
So, nun können wir ja mal raten wer im Berichtsjahr 2010 verantwortliche Ministerin in diesem Amt in MecPom war? Richtig, Schwesig, sie hat sogar das Geleitwort geschrieben (Seite 5).
Screenshot des obigen Landesberichtes



Was bedeutet das denn nun wenn Frau Schwesig sagt dass sie in ihrer Äußerung zum Führerscheinentzug für säumige Väter keinen Populismus sieht, sondern das auch noch ernst meint. Evtl. sehe ich das hier ja wieder einmal total falsch, aber entweder hat Schwesig
A) keine Ahnung von dem was sie tut oder
B) sie betreibt hier Populismus auf dem Rücken von sozial schwachen (also bis in den Ruin getriebenen Unterhaltszahlern), das auch noch als sozialdemokratische Ministerin oder
C) sie belügt uns nach Strich und Faden.
Und in einem Wahljahr würde mich nun schon ein klein wenig interessieren wie unsere Politiker denn so drauf sind und ob ich bei Schwesig nun A, B oder C zu rechnen habe. Doch Schwesig kann uns hier einen Bären aufbinden weil die Journalistinnen sie lassen.
Nun haben Politiker aller Epochen versucht sich durch Phrasen und Zirkelschlüsse aus unangenehmen Fragen zu winden. Doch das gleich zwei Journalistinnen hier verantwortlich zeichnen, und man, wie ein Kommentar im SPON schreibt, denkt „Ist dies... ein Text der Pressestelle des BMFSFJ?“ ist nicht mehr zu verstehen. Nicht das Verhalten von Schwesig, sondern das absolute Desinteresse von den Journalistinnen, die sich auch noch für eine Kampagne hergeben, empfinde ich als den eigentlichen Skandal. Denn nur deshalb können Politiker uns hier so an der Nase rumführen, weil Presseorgane sich als Regierungströte sehen.
Ein Mehrwert für Leser der Publikation ist nicht ersichtlich. Ich habe jahrelang den Spiegel gelesen, selbst in meinem Studium, als auch mal das Geld knapp war. Jahrelang kam der Spiegel im Ausland als Abo, bis ich ihn abbestellt habe. Heute lese ich selbst den kostenlosen SPON nur noch dann wenn ich von anderen Blogs oder Zeitungen darauf gestoßen werde. Ich lese noch Zeitungen, doch selbst für den kostenlosen SPON habe ich die Frage zum Mehrwert für mich beantwortet. Fakenews beziehe ich meist direkt von der Homepage der Parteien oder Ministerien, dafür brauche ich den Spiegel als Mittler nicht. Denn leider hat man den Eindruck dass wie in der DDR mit dem Neuen Deutschland einfach so unkritisch, ohne jegliche Gegenrecherche, Regierungsgelaber weitergeben wird.