Montag, 10. Februar 2014

Scheiße, warum hatten wir unsere PayBack Karten vergessen?

Blogparade über das Thema Geschlechterrollen und ich habe keinen Plan was ich schreiben soll! Also schau ich mal beim führenden Geschlechterforscher Hinrich Rosenbrock nach und finde diese Aussage:

"Während Butlers Thesen weiter umstritten sind, sind die kulturvergleichenden und ethnologischen Aussagen eindeutig. Kurz gesagt, ist die Frage der biologischen Geschlechterdifferenz in der Genderforschung noch nicht endgültig beantwortet, wobei viel für die Annahme der Konstruktion von sozialem und biologischem Geschlecht spricht. Selbst wenn die Annahme der biologischen Geschlechterdifferenz stimmen sollte, lassen sich daraus nicht eindeutige «natürliche Geschlechterrollen und -charaktere» wie männliche Rationalität oder weibliche Mütterlichkeit ableiten. Die menschlichen Gesellschaften kennen eine Vielfalt von Geschlechterarrangements von den versorgenden «mütterlichen» Vätern bei den Trobriandern bis zu den jagenden Frauen und Kriegerinnen bei Gruppen in Ostasien oder Afrika." 
Hinrich Rosenbrock, „Die antifeministische Männerrechtsbewegung“ Seite 71

Am Samstag gehört Vati mir - so glaubte die SPD und DGB in einer vergangenen Zeit.
Heute ist es eher, das Sorgerecht gehört der Mami! Mütterliche Väter auf dem Rückzug...
Quelle: Archiv des sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung (Signatur: 6/PLMV000441)

Also, so scheint es, haben die Trobriandern "mütterliche" Väter, was interessant ist, denn  Rosenbrock nutzt hier einen Stereotyp (mütterlich) der Geschlechterrolle der Frau um die Väter in einer anderen kulturellen Gruppe zu beschreiben. Somit gibt es nicht nur Rollen, sondern auch Stereotypen (oder Charaktere), was die Sache jetzt auch nicht einfacher für mich macht.

Was hingegen noch interessanter ist, die Trobriandern kennen keine Vaterschaft, für sie wird das Kind durch einen Geist gezeugt, der Geschlechtsverkehr dient nach ihren Vorstellungen nur dazu, das Kind im Mutterleib zu ernähren. Somit gibt es für die Trobriandern keine biologische, sondern nur eine soziale Bindung zu den Kindern, womit die Bezeichnung Vater dann hier eindeutig falsch ist. 

"So würden die Trobriander in Südost-Neuguinea, aber auch australische Aborigines behaupten, dass etwa der Geist eines mütterlichen Vorfahren (baloma) oder gar ein »Totem« für die Zeugung verantwortlich sei; mit sexuellen Beziehungen zwischen Mann und Frau habe das wenig zu tun.“ 
Christina von Braun, Christoph Wulf – Mythen des Blutes 2007 (Seite 175)

Es scheint Rosenbrock ist ebenfalls ein Verfechter der Theorie des Klapperstorch, denn er zeigt, wie beliebig das Wort Vater für ihn ist. Die Rolle des männlichen Erziehers übernimmt bei den Trobriandern der „Mutter-Bruder“, also der Onkel. Somit gibt es diese mütterlichen Väter schlicht und ergreifend nicht!

Weiterhin beschreibt Rosenbrock, um unsere westlichen Geschlechterrollen als nicht endgültig darzustellen, die Jägerinnen und Kriegerinnen in Afrika und Asien. Wir alle kennen die Geschichte der Amazonen, aber auch der römische Historiker Tacitus beschreibt Germaninen, die sich bei einer Schlacht hinter den Männern stehen und durchbrechende oder verwundete Feinde töten. Selbst wenn der Wahrheitsgehalt dieser Beschreibung bei heutigen Historikern umstritten ist, so war die Vorstellung von Kriegerinnen zumindest nicht so abwegig, dass sie nicht als abschreckendes Beispiel für ein "unkultiviertes Volk" herhalten konnte.

Geschlechterrollen regeln also Zuständigkeiten in der Gruppe, die Versorgung der Kinder (mütterliche Väter), die Nahrungsbeschaffung (jagende Frauen), die Verteidigung der Gruppe/Familie (Kriegerinnen). Geschlechterrollen sind jedoch vielfältiger und regeln viele Bereiche unseres Lebens. Bei der Partnerwahl ist es, zumindest in unserem Kulturkreis, die Rolle des Mannes die Frau zu verführen (welcher heterosexuelle Jugendliche hätte ihn nicht gerne, den ultimativen Anmachspruch um mit einer Frau in Kontakt zu kommen). Mit dieser Rolle kollidiert jedoch die  Geschlechtercharaktere der unromantischen Männer, weshalb wir wahrscheinlich auch einen Geburtenrückgang haben. Der Wahrheitsgehalt des Stereotypes unromantisch ist übrigens bei einer Suche auf Youtube leicht zu prüfen, einmal "Oh Klaus" und einmal "Oh Mandy" eingeben. Somit entpuppt sich dieses Stereotype dann auch noch als Vorurteil. Nein, er zeigt das gegenteilige Bild, zumindest in der Musik.

Geschlechterrollen haben sich jedoch auch mit der Zeit geändert und angepasst, auch hatten verschiedene soziale Schichten unterschiedliche Rollenvorstellungen. Die Bauersfrau im Mittelalter musste genau so mitarbeiten, während die hochgestellte Adelige den umfangreichen Haushalt verwaltete und die Kinder bei der Amme, später Kinderfrau waren. Diese Geschlechterrollen waren in höheren Gesellschaftsschichten immer ausgeprägter. Die Feldarbeit, die zu erledigen war, um das geringe Auskommen der Familie zu sichern, interessiert es nicht ob die Frau schwanger war oder noch Kinder zu versorgen hatte. Mit zunehmendem Wohlstand, so scheint es, haben auch Bürger, die von einer Oberschicht vorgelebten Rollen, immer weiter übernommen.

Die ethnologischen Untersuchungen weisen also darauf hin, dass sich Geschlechterrollen kulturell bedingt auch komplett anders hätten entwickeln können, das möchte Rosenbrock hier klarstellen. Was jedoch in allen Kulturkreisen, und sogar bei den Trobriandern gleich ist, Frauen haben die Rolle der Mutter, Männer können die Rolle des Vaters einnehmen, wenn die entsprechende Kultur diese Rolle zulässt. Selbst in anderen Matriarchaten, wie bei den Mosuo in China, ist es die Aufgabe der Frau die Kinder zu versorgen, die des Mannes oder der Männer, den Grossteil der Familienversorgung zu übernehmen. Mutterrollen sind hier noch ausgeprägter.

Bei den Mosuo ist es die Rolle der Brüder und Onkel die schwere Feldarbeit zu verrichten, sie leben im Haus der Mutter, später der erbberechtigten Schwester. Nur wenn sie von einer Frau eingeladen werden; nächtigen sie für diese eine Nacht in deren Haus, bis zur nächsten Einladung, die ggf. für die Folgenacht ausgesprochen wird. Doch selbst hier, ist es wieder der Mann, der durch ein Zeichen eine "Einladung" annehmen würde, der Interesse zeigt. Zu den Kindern haben die Männer nur außerhalb der Hausgemeinschaft Kontakt. Eine wirkliche Vaterschaft findet nicht statt.

Was auch Fakt ist, in allen diesen Kulturen gibt es unterschiedliche Rollen für die Geschlechter und in allen Kulturen werden die Kinder dem Geschlecht entsprechend erzogen, eher einsortiert. Sie richten sich aber auch selber bei der Suche nach ihrer Rolle danach. Ich kenne keine Gesellschaftsform in der beide Geschlechter alles zu gleichen Teilen ausüben.

Warum sollte eine Änderung unserer Rollenbilder nicht möglich sein? Seit Jahren wissen wir, dass in bestimmten Haushalten "sie" die Hosen anhat (wieder ein Stereotyp, Männer haben die Hosen an). Wir kennen heute die Soldatin oder auch die Topmanagerin, die mal kurz 1000 Stellen streicht um noch mal 2 Cent Gewinn pro Aktie zu erzielen, oder auch den Hausmann und mütterlichen Vater. Eine Rolle, etwas das wir spielen, nicht wirklich wir sind, müsste jederzeit abgelegt werden können.

Betrachten wir aber einmal den Satz von Simone de Beauvoir: 

„Nein, wir wollen den Frauen gerade nicht die Wahl lassen zwischen  Berufstätigkeit und Mutterdasein und zwar aus dem einfachen Grunde,  weil zu viele Frauen sich für die Mutterschaft entscheiden würden.“ 

Eine Frau wird sich, zumindest nach Beauvoir, in den meisten Fällen für die Mutterschaft entscheiden. Eine Veränderung der Geschlechterrollen würde jedoch bedeuten, dass die "mütterlichen" Väter gefördert werden müssen. Doch wie sehen die Konzepte in der Familienpolitik aus?

Männer in Kitas, Vereinbarkeit von Familie und Beruf übrigens nur für Mütter, mehr Kitaplätze, Alleinerziehung stärken - aber sonst? Ach  ja, Programme gegen "Männergewalt", wahrscheinlich damit die nicht lauthals auf den Tisch hauen wenn ihnen die Kinder entzogen werden. Es gibt sie nicht, die wirklich neuen Konzepte. Der Feminismus hat erkannt, Frauen müssen beides haben um sich Gleichberechtigt und Glücklich zu fühlen. Die Frau möchte sich von der Rolle der Mutter nicht trennen.

So schreibt z.B. Salome im Kommentarbereich der Mütterlobby 
"Bei all den zwanghaften Bestrebungen Kinder zum Vaterkontakt zu zwingen und "böse" Mütter zu bestrafen, wenn ein Vater wieder einmal "völlig grundlos" sein Kind nicht sehen darf: Spätestens beim nächsten Krieg müssen all dies Ansichten über Board geworfen werden. Ich bin mir sicher, dass der liebe "Vater Staat" seine Männer für Monate wegschicken wird, ohne nur eine Sekunde über kontinuierlichen Kontaktrecht des Vaters zu seinem Kind nachzudenken." 

Kitas in Kasernen, aber im Krieg ist jede Mutter unentbehrlich. Eine vollkommene Gleichberechtigung der Geschlechter kann es aber nur dann geben, wenn die Frau bereit ist, ihre Rolle als Mutter einzuschränken und die Kindererziehung teilt. Eine Frau arbeitet nur dann gleichberechtigt im Job, wenn sie genau so viele Stunden effektiv arbeitet und sich nicht hinter Mutterschaft versteckt. Elternschaft müsste geteilt werden, das Wechsel- oder Nestmodell müsste her. Übrigens verpflichtend für jeden, nach einer Trennung/Scheidung, nur in begründeten Ausnahmen kann hiervon abgewichen werden. Ich stelle mir gerade Schleswig vor, wie sie solches verkündet und wie lange es dauert bis Merkel ihr "volles Vertrauen" ausspricht.

Männer, die Rechte und Privilegien abgegeben haben, die bereit waren sich an neue und  gerechteren Modelle anzupassen, selbst wenn sie dabei verlieren, haben wenig bis keine neuen Möglichkeiten. Für sie wurden keine neuen Rollen geöffnet. Sie haben die Wahl zwischen der Rolle des Ernährers und Familienvaters, der Rolle des Unterhaltszahlers und, wenn Mutter das möchte, des Besuchsvaters. Selbst der Hausmann und somit mütterliche Vater kann nur dann existieren, wenn die Frau das möchte, wenn sie bereit ist Vollzeit arbeiten zu gehen. Wenn sie das nicht möchte, muss der mütterliche Vater, spätestens nach der Scheidung, arbeiten gehen um den Unterhalt ranzuschaffen. Ein Singleleben, ohne Rollenzwänge, scheint für Männer die einzige Möglichkeit zu sein frei zu leben.

Wir bewegen uns immer mehr in Richtung der Mosuo, wo Männer zwar die schwere Arbeit verrichten sollen, Frauen, neben Haushalt und Kindererziehung, aber nur das machen, was sie möchten. Vaterrollen existieren dort nicht, können nicht existieren, sonst wäre der Vater nicht so einfach austauschbar. Es würden Verpflichtungen entstehen.

Bis jetzt haben die Männer in unserem Kulturkreis für die Gleichberechtigung bezahlt, sie haben Vorrechte abgegeben und Jobs mit Frauen geteilt, sie haben zum Punktesammeln aber ihre PayBack-Karte vergessen. Somit haben sich für Frauen immer neue Rollen geöffnet, für Männer jedoch nicht. Männer in Kita’s ist keine neue Rolle, sondern ein Beruf, und er ist nicht mal neu, auch nicht für Männer.

Im Sorge- und Umgangsrecht stehen Männer noch auf dem Stand von vor 50 Jahren, als es noch die Rolle des Familienoberhauptes und -versorgers gab und bei der Scheidung noch offiziell das Schuldprinzip. Mütterliche Väter als Rollenbild sind nur dann erlaubt wenn die Mutter dieses möchte. Der Zwangsversorger hingegen ist geblieben. Ähnlich wie bei den Mosuo, wo die Männer arbeiten und die Frauen Familie spielen. Auch Rosenbrock scheint diesem Konzept nahe zu stehen, wenn er einen Onkel als mütterliche Väter bezeichnet. Es ist kein Fortschritt wenn Rosenbrock von mütterlichen Vätern redet, sein Vater ist ein Rückschritt!

Mein Vater war ein mütterlicher Vater, meine beiden Großväter, soweit ich den Erzählungen meiner Eltern entnehme, waren es auch. Sie wechselten die Windel, versorgten die Kinder oder erzählten ihnen stundenlang Geschichten, bastelten und spielten mit ihnen. Es gab nur noch nicht die offizielle Rolle für sie, oder einfach die Anerkennung in der Gesellschaft, unter anderem, weil Menschen die andere  noch in Stereotypen aus Zeiten von Rousseau einteilen, wie Herr Rosenbrock, dieses bis heute verhindert haben!

Auch ich war so ein Vater. Ein Bekannter sagte mir, mein Sohn, so würde er beobachten, hätte zu mir eine stärkere Bindung, wie zu meiner Ex-Frau. Bei der Trennung bat ich um ein Attest, um dieses dem Richter vorzulegen um etwas mehr Umgang zu bekommen. Er gab mir keines, er wolle sich nicht einmischen. Bei der Verhandlung habe ich dann ein Attest von ihm gesehen, gegen mich. Als ich ihn danach darauf ansprach, sagte er, ein Kind gehört zur Mutter. Wir sollten lieber fragen, wird Mutterschaft überbewertet?

Übrigens gibt es die Rolle der unmütterlichen Mutter auch nicht. 40.000 Kinder werden jährlich in Pflegefamilien gegeben. Weg von den Eltern und oftmals den allein sorgeberechtigten Müttern. Hier spricht man von Ausnahmen, von Müttern die krank sind oder sucht andere Entschuldigungen. Die neuen Rollen haben die Männer belegt, seit langem, die Stereotypen sind geblieben, spätestens beim Familienrichter ist Schluss mit dem mütterlichen Vater. Wir sollten unsere PayBack Karten nicht noch einmal vergessen!

Zu Mosuo 


Zu Trobriander




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