Donnerstag, 16. Januar 2014

KiKa’s Schlachtfest

Zwei Jahre nach der gesetzl. erlaubten Beschneidung von Jungen, ein Jahr nach dem absoluten Verbot jeglicher Form von Beschneidung bei Mädchen, inkl. der symbolischen Beschneidungen, wie das Einstechen der Schamlippen (WHO Typ 4), zeigt KiKa, alles halb so wild, denn es gibt Geschenke und es gibt ein Fest!

Weil das alles dann doch wohl nicht so Toll ist, sollte die Sendung abgesetzt werden!

 Das wird mit Sicherheit nicht passieren, trotzdem eine gute Gelegenheit den Damen und Herren in unseren TV Anstalten zu zeigen, wo das GG hängt.

Nachfolgend mein Brief an KiKa, den ich per Kontaktformular zugestellt habe. Nehmt meinen Brief, nehmt Teile daraus, verändert ihn nach Euren Vorstellungen, verbessert Rechtschreib- und Kommafehler, jedoch macht was und sendet diesen oder einen anderen Brief an KiKa! Zeigt, dass ihr nicht einverstanden seid!!!


Betreff: „Tahsins Beschneidungsfest“



Sehr geehrte Damen und Herren,

wie ich Ihrer Programmankündigung entnehme, planen sie für den 19. Januar die Ausstrahlung der Sendung „Tahsins Beschneidungsfest“  Diese Sendung ist aus mehrerlei Hinsicht mehr als problematisch!

Am 12. Dezember 2012 beschloss der deutsche Bundestag, entgegen einer Bevölkerungsmehrheit, die Beschneidung von Jungen straffrei zu stellen (§ 1631 d BGB). Eine zum größten Teil fundierte und fern von genereller Religionsablehnung, Antisemitismus und Antiislamismus geführte öffentliche Diskussion wurde vom Bundestag und der Ethikkommission des Bundestages ignoriert. Seit dem ist viel passiert, unter anderem das strafrechtliche Verbot der Verstümmelung weiblicher Genitalien (§226 a StGB).

Dieses und andere Ereignisse haben die Diskussion um männliche Beschneidung/Genitalverstümmelung bis heute nicht zum Erliegen gebracht. So gibt es z B. diverse Stellungnahmen vom „Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte“ der die Beschneidung von Jungen rundweg ablehnt [1]. Aber auch auf die gleichwertige Funktion der Penisvorhaut und der Klitorisvorhaut wird hingewiesen [2].


Nicht nur aus dem Bereich der Ärzteschaft wird die Gesetzesregelung bedenklich gesehen. Neben Prof. Holm Putzke [3], der mit seiner Festschrift durch das Kölner Urteil bekannt wurde, haben sich, besonders nach Einführung von § 226 a StGB, diverse namhafte deutsche Rechtsgelehrte zu Wort gemeldet:
-          Rheinhard Merkel (Prof. für Strafrecht und Rechtsphilosophie, Uni Hamburg) [4]
-          Tonio Walter (Prof. für Strafrecht, Uni Regensburg, Richter OLG Nürnberg) [5]
-          Prof. Dr. Dr. Joseph Isensee (Staatsrecht) [6]
-          Prof. Dr. Thomas Fischer (Richter am BGH) [7]

Um nur einige Beispiele zu nennen. Eine umfangreiche Liste von juristischen Kommentaren findet sich auf der Seite von Holm-Putzke [8]

Aber auch Betroffene, die durch die Beschneidung ihrer körperlichen Integrität beraubt wurden, haben bis heute keine Stimme erhalten und wurden, im Gegensatz zu Religionsvertretern, nicht vor dem Ethikrat gehört. Neben dem Verlust „von einem Stück überflüssiger Haut“ werden auch Nervenzellen entfernt, die für sexuelle Praktiken wichtig sind, die Schutzfunktion der Eichel geht komplett verloren. Es gibt also neben medizinischen und rechtlichen Aspekten auch moralische, sowie pers. Schicksale, die bisher in einer öffentlich geführten Diskussion fast komplett ausgeblendet wurden.

So sehr ich Projekte begrüße die unseren Kindern die Sitten und Gebräuche der verschiedenen (in Deutschland lebenden) Religionen und ethnischen Gruppen bekannt machen, so sehr muss ich diese Sendung ablehnen, denn sie stellt sich gegen jegliche erzieherische Prinzipien. Vor allem wenn sie selbst schreiben: der kleine Tahsins hat Angst vor der Spritze. Natürlich haben Kinder Angst, ebenso haben sie Angst vorm ersten Schultag, es ist jedoch an uns Erwachsenen und an unserer Gesellschaft die Kinder vor diesen Ängsten soweit es geht zu schützen. Durch Geschenke und auf einem Thron sitzen ist dies mit Sicherheit nicht getan. Das Kind, das ja angeblich nach dieser Prozedur ein Mann ist, wird als Projektionsfläche der Wünsche der Eltern hingestellt, und wenn es dann noch Geschenke gibt, dann ist alles gut.

Sie führen kleine Kinder an eine medizinisch, (straf)rechtlich und ethisch sehr fragwürdige Sitte spielerisch heran ohne auf Gefahren dieser Praktik für Betroffene hinzuweisen, was Sie im Rahmen einer solchen Sendung für Kinder auch nicht können!

In meinen Augen verstoßen Sie als Sender gegen den Erziehungsauftrag, gerade und im Besonderen, wenn Sie eine solche Sendung Kindern, die das Gesehene nicht reflektieren können, ohne eine Gegendarstellung zum Konsum vorsetzen. Ich möchte Sie deshalb eindringlich bitten die Sendung vom Sendeplan zu streichen.

 Schließen möchte ich mit einem den Worten von Frau Dr. Jenny Goodman, einer britisch-jüdische Ärztin und Psychotherapeutin:
"Ich bin zuversichtlich, dass mein Volk so viele lebensbejahende, lebensfreudige und erkenntnisbringende Traditionen hat, dass unsere Identität und kulturelle Selbstachtung ohne Probleme überleben wird, wenn wir über die Beschneidung hinauswachsen, die ein grausames Relikt ist, das ich immer als eine Abweichung vom Herzen meiner Religion empfunden habe."

Diese Worte möchte ich ebenso auf den muslimischen Glauben beziehen. Stellen Sie den Kindern das Fastenbrechen oder das Id-Al-Fitr (Ramadansfest) vor, den Ramadan als ganzes, das Rosch ha-Schana (das jüdische Neujahrsfest) oder andere für Kinder interessante und wunderbare Bräuche dieser Religionsgemeinschaften. Aber bitte verschonen Sie unsere Kinder davor ihnen Traditionen zu erklären, die erst durch Geschenke und ein großes Fest für das betroffene Kind ihren Schrecken verlieren, die mit unserem Rechtsstaat und unserer Verfassung, dem Verständnis von Schutz, dem wir unseren Kindern bieten sollen und mit einer kulturell offenen Gesellschaft nichts zu tun haben! Dieses auch unter dem Gesichtspunkt, dass dem kleinen Tahsins, der dieser Ausstrahlung entgegenfiebert, weil er einmal im deutschen KiKa zu sehen ist, nun nochmals weh getan wird!

Mit freundlichen Grüßen





Fußnoten

[1] Ärzte kritisieren Auswirkungen des Beschneidungsgesetzes
12. Dezember 2013 im Ärzteblatt

[2] Kinderärzte fordern Schutz vor Beschneidung
12.Juli 2013 im Ärzteblatt http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55142/Kinderaerzte-fordern-Schutz-von-Jungen-vor-Beschneidung
Hieraus:
>> „Der entsprechende Beschluss macht aber auch deutlich, dass der Gesetzgeber Jungen und Mädchen unterschiedlich behandelt“, sagte BVKJ-Präsident Wolfram Hartmann. Er verwies darauf, dass das Gesetz Mädchen vor Veränderungen an den Genitalien, unter anderem auch schon vor einer nur teilweisen Entfernung der Klitorisvorhaut schütze.
„Diese Vorhaut ist das Gegenstück zur Vorhaut der Jungen – deren Beschneidung ist kürzlich ausdrücklich legalisiert worden“, sagte Hartmann. <<

[3] Holm Putzke: Die strafrechtliche Relevanz der Beschneidung von Knaben (PDF-Datei, 7.12 MB) – Festschrift für Herzberg

[4] After Cologne: male Circumcision and the Law – Parental right, religious liberty, or criminal assault?. In: Journal of Medical Ethics. 2013, S. 444–449 (gemeinsam mit Prof. Holm Putzke)
[5] Das unantastbare Geschlecht
sowie:
Tonio Walter: Zwischenlösung muss ins Strafrecht – Zum Entwurf eines Beschneidungsgesetzes (PDF-Datei) – Uni Regensburg
http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/Jura/walter/daten/publikationen/NJW-aktuell_45-2012_Standpunkt.pdf

[6] Isensee, Josef: Grundrechtliche Konsequenz wider geheiligte Tradition – Der Streit um die Beschneidung, in: in: JuristenZeitung (JZ) 2013, S. 317FPR 2013, 244327

[7]  Dr. Thomas Fischer – Strafgesetzbuch StGB61. Auflage 2014. Buch. LXII, 2685 S. In Leinen
C.H.BECK ISBN 978-3-406-65234-9 
„Es geht vielmehr um Rechtsgüter und Interessen verschiedener Rechtsgutsinhaber. Eine „Abwägung“ zwischen der Religionsfreiheit von Gläubigen und der körperlichen Integrität von (noch) nicht Gläubigen gibt es nicht, denn das Grundrecht der Religionsfreiheit rechtfertigt keinesfalls absichtliche Körperverletzungen an Dritten. Daher darf z.B. niemand eigene oder fremde Kinder mit religiösen Bildern tätowieren (lassen) oder sie zur Austreibung von Teufeln physisch quälen.“

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