Montag, 6. Januar 2014
Wie funktioniert ein Rechtssystem
Ich selbst kenne leider nur das französische System, obwohl es gerade in Verfahrensfragen sicherlich viele Gemeinsamkeiten gibt. Trotzdem möchte ich hier kurz versuchen unser Rechtssystem zu erklären, ohne dabei auf Länderspezifische Einzelheiten einzugehen.
Recht, bzw. unser Rechtssystem, gliedert sich in drei Ebenen, die Gesellschaft inkl. der Justiz- und Verfolgungsbehörden (1. Ebene), den Gesetzen (2. Ebene) und dem Gericht (3. Ebene). Alle Ebenen können absolut Unabhängig voneinander arbeiten. Ich weiß, dieses mutet erst einmal etwas bizarr an, gründen Richter Ihre Urteile doch auf Gesetze und Gesetze sich auf unsere gesellschaftlichen Gepflogenheiten.
Hierzu möchte ich kurz ein Beispiel aus Paris nehmen. Jeder Besucher dieser Stadt wird schnell feststellen, dass Menschen hier auch bei roten Fußgängerampeln die Straße überqueren, selbst die Polizei stört sich nicht daran, wie auch, sie überqueren selbst die Straße bei Rot (Ebene 1).
Ich bin mir Sicher dass ich in der franz. Straßenverkehrsordnung einen entsprechenden Paragraphen finde, der das überqueren der Straße bei Rot nicht erlaubt, bzw. verbietet (Ebene 2).
Ob und was ein Richter entscheidet, sollte so ein Fall vor Gericht entschieden werden, z. B. weil sich ein Unfall ereignet hat, hat mit ersten beiden Ebenen erst einmal wenig zu tun. Der Richter kann einem rechts abbiegenden Auto, obwohl dieses Vorfahrt hat, eine Teilschuld zusprechen, weil dieses die Kinder auf dem Gehweg hätte sehen müssen, oder auch nicht (Ebene 3).
Ähnliche Beispiele gibt es im Bereich Trennung/Scheidung sehr oft. So gibt es beispielsweise ein Gesetz das es verbietet die Kinder aus der gemeinsamen Wohnung zu nehmen, solange kein Gerichtsurteil etwas anderes besagt. Die Gesellschaft, und mit ihr die Polizei und die Staatsanwaltschaft, duldet dieses Vorgehen hingegen, solange es die Frau macht. Bis ein Richter entscheidet, ist das Kind dann in der "neuen" Umgebung eingelebt und kann dort nicht mehr ohne weiteres "herausgerissen" werden.
Wie kommen Richter also zu ihren Urteilen? Viel, so ist unsere Erfahrung, haben einen einfach gestrickten Plan. Einzelfallentscheidungen sind etwas, für das in unserem hektischen Alltag keine Zeit bleibt.
- Sehr oft wird das Kind in der Umgebung belassen, in der es in den Wochen vor der Gerichtsverhandlung gelebt hat. Haben die Eltern ein Wechselmodell gelebt, auch wenn einer der beiden bei der Gerichtsverhandlung eine "Alleinsorge" beantragt, so wird dieses Modell einfach fortgeführt. Hat funktioniert, funktioniert auch weiter, fertig. Hat die Mutter das Kind mitgenommen und der Vater es nicht zurück geholt, so bleibt es bei der Mutter. Hat der Vater das Kind zurück geholt und die Mutter so ausgebootet, so hat die Mutter Pech gehabt. "Etat de fait" - Tatbestand - oder in diesem Fall Tatsachenentscheidung.
- Leben beide Eltern noch in der gemeinsamen Wohnung, so bekommt in der Regel die Mutter die Wohnung und Kinder zugesprochen.
- Ist einer der beiden Eltern ausgezogen und hat, wie es das Gesetz eigentlich verlangt, die Kinder in der Wohnung belassen, so ist seine Chance auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht gleich Null, ein Wechselmodell ausgeschlossen. Egal was dieser Elternteil für Horrorgeschichten vorbringt, ihm wird nicht mehr geglaubt, weil man sonst seine Kinder nicht zurück lässt.
- Ist der Elternkonflikt hoch strittig und die Frau begeht Fehler, so ist die Chance für ein Wechselmodell sehr hoch. Anstatt der Alleinsorge für den Vater vereinbaren Richter in Frankreich lieber das Wechselmodell in diesen oftmals hoch-strittigen Fällen.
- Männliche Richter sind noch mütterfreundlicher wie Richterinnen.
- Ist ein Mann mit einer Frau aus Afrika verheiratet, erhält sie das Aufenthaltsbestimmungsrecht und er maximal einen Minimalumgang. Ist die Frau aus Osteuropa, so ist es mal so mal anders. Ist die Frau aus Westeuropa sind die Chancen auf ein Wechselmodell sehr hoch. Ist der Mann Ausländer, egal welches Land und welcher Hautfarbe, so sind seine Chancen hieraus Profit zu schlagen gleich Null, im Gegenteil.
Das sind nur ein paar Regeln, die natürlich nicht auf alle Richter zutreffen, weiterhin kennen wir in unserer Organisation natürlich nur einen kleinen Ausschnitt aller Sorgerechtsstreitigkeiten. Jedoch haben wir für den Bereich Ile de France, also Paris und umliegende Gerichtsbezirke, einen sehr guten Überblick.
Was kann man nun aus diesem Text lernen? Es kommt gerade beim Umgangsrecht nicht auf Recht und Gesetz an, sondern auf ganz andere Gegebenheiten, au die man nur teilweise Einfluss hat. Aus diesem Grund ist es für Mütter z. B. auch überaus lohnend den Vater erst einmal durch eine Falschbeschuldigung wegen häuslicher Gewalt aus dem Haus zu bekommen, um einen "Etat de fait" zu den eigenen Gunsten zu erschaffen.
Das ganze dann auch noch in einer emotional aufgeladenen Stimmung, die mit einer Trennung und dem drohenden Verlust der Kinder einhergeht, kann hier ganz fatal für einen Vater enden. Immer wieder erleben wir Vater, die zu uns kommen, von ihrem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung berichten und uns sagen, sie würden ihre Kinder nicht mehr sehen, weil die Mutter das nicht möchte.
Hier sind die Väter so gefangen in ihrer Scheidung, das sie nicht erkennen, dass ihnen als franz. Vater das gemeinsame Sorgerecht alle Rechte gibt. Sie können zur Schule gehen und das Kind abholen wann immer sie wollen, einziges Hindernis ist hier, wenn die Schule das Kind nur der Mutter übergeben möchte, was rechtswidrig ist, jedoch leider gängige Praxis. Hier also eine Funktionsweise der Gesellschaft, die entgegengesetzt zum bestehenden Recht funktioniert.
Ist das Kind aber einmal auf der Straße, so kann der Vater hingehen und es mit zu sich nach Hause nehmen. Dies ist hier in Frankreich besonders einfach, weil Frauen oftmals auch arbeiten gehen und dann z. B. eine Tante oder eine Kinderfrau die Kinder abholen. In solchen Fällen kann der Sorgeberechtigte Elternteil ganz einfach hingehen und sagen, mein Kind, danke auf Wiedersehen.
In wie weit ein solches Vorgehen dem meist eh schon stark beanspruchten Familienfrieden endgültig stört muss hierbei in jedem Einzelfall betrachtet werden. Auch aus diesem Grund ist es für Väter oftmals unverzichtbar sich ein geeignetes Netzwerk, wie z.B. den VAfK, zu suchen, um sich Feedback zu hohlen und Möglichkeiten auszuloten, die Anwälte oftmals so nicht empfehlen.
Was noch bezeichnend ist, sobald das Gericht irgend einen Elternteil ausgewählt hat, wird dieser mit allen Mitteln unterstützt. Sowohl vom Gericht als auch von Schulen, Ämter etc. Er genießt Narrenfreiheit. Wenn Väter vor Gericht vorbringen dass die Mutter gewalttätig ist, wird ihnen kein Glauben geschenkt. Sobald ihnen die Kinder zugesprochen werden, ist auch dieser Vorwurf auf einmal gerechtfertigt und die Mutter wird blindlings sanktioniert. Glaubt das Gericht Müttern den Vorwurf der Gewalt immer, so verlieren sie die Glaubwürdigkeit, sobald sie die Kinder verloren haben.
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